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Busch, Humboldt und die Digitalisierung

Im September 2017 hatte die Zeitschrift brand eins das Lernen zum Thema. Im Leitartikel nimmt Wolf Lotter einen wundervollen Gedankenfaden auf, der zwei altbekannte Herren mit den Herausforderungen der Digitalisierung in Verbindung bringt. Der klassische Bildungsbegriff kann uns in der Tat auf die Sprünge helfen.

 

Um diese Kurve zu kriegen,  geht es dort auch gleich ohne große Umschweife los: "Das Bildungssystem ist in der Fabrikgesellschaft stecken geblieben".  

Doch eine erste Lösung findet sich prompt in Wilhelm Buschs Max und Moritz.


Der Weisheit Lehren

Schreiben, Lesen, Rechensachen, so attestiert es Lehrer Lämpel den Lausbuben,  also uns, haben uns vorbereitet auf die Fabrik. Das ABC und das kleine Einmaleins waren unser Ticket in die Vollbeschäftigung. Doch die Fabrik ist nicht mehr. Es sind zu wenige und innen sind sie zu bunt. Ein richtiges (schnelles) Durcheinander. Doch wir können nicht sagen, Lehrer Hämpel hätte uns nicht gewarnt: Sondern auch der Weisheit Lehren muss man mit Vergnügen hören.

 

Gleich haben wir sie, die Kurve. Nur noch einen Gedanke weiter. 

Photo by Ren Wang on Unsplash

Humboldt hat die Erfolgsformel

Wir sind beim anderen Wilhelm angelangt. Die Weisheit schafft es  bei Wilhelm Busch nicht über ein Add-On hinaus, doch sie ist der Kern des Humboldt'schen Bildungsideals. Seine Bildung ist ein Entwickeln der Persönlichkeit. Wir können nicht mehr nur lernen um uns für etwas zu qualifizieren, während das Lernziel wegläuft. Das Ziel bewegt sich schnell und ist wendig. Das Reproduzierbare jedoch, erledigen Maschinen, Prozessoren und Algorithmen. Hier kommt Lotter zum Kern:

 

Lernen, so müsste man jetzt erkennen, ist dann sinnvoll, wenn es Fähigkeiten und Kenntnisse abbildet, um neu lernen zu können. Genug gelernt gibt es nicht, und Zeugnisse und Abschlüsse mögen als Zwischenetappen verstanden werden, aber eben nicht mehr als Zielpunkt des Wissenserwerbs. Bildung als Selbstzweck, lernen, um zu lernen ist keine Phrase, sondern eine Erfolgsformel. Die Voraussetzung dafür aber ist, dass man sich nicht über Kurse, Zeugnisse und formale Ausbildungen definiert, sondern weiß, wer man ist. 

 

Nach der Kurve geht der Artikel noch etwas weiter (geradeaus), vorbei am deutschen Ausbildungssystem, dem Akademisierungswahn oder dem Sinn vom Programmieren als Schulfach. Der schöne Gedankenfaden hat nur einen kleinen Schönheitsfehler: Für einen sauberen Einstieg, differenziert der Text für mich nicht deutlich genug zwischen Lernen und Bildung. Doch das Hirn wird ganz still, wenn das Herz liest:

 

Der Staat und seine Organisationen haben uns das wichtigste Gut der Aufklärung unterschlagen, die Menschen ihrer Möglichkeit zur Entwicklung beraubt.

Es wird Zeit, sie sich wieder zurückzuholen.


Brandeins schaltet die Artikel der Ausgabe sukzessive online. Der "Entwicklungshelfer", von Wolf Lotter ist bereits dabei.

Vielen Dank, liebe und tolle brandeins!

 

Das Urteil von Strg-L: VISION

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