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Der innere Lernhund

Viel Input im ersten Quartal. Alle Alle mit einem gemeinsamen Nenner: intrinsische Motivation. Dass diese einer jeden persönlichen Entwicklung förderlich ist, sollte nicht überraschen. Wohl aber die Erkenntnis, wie selten sie selbstverständlich ist.


Erst die Online Educa Berlin (OEB), dann die Winterpausen-Lektüre und letztendlich die (persönlich kurze) Learntec. Durchgezogen hat sich ein roter Faden. Angefangen hat es mit den OEB Keynote-Thesen von Bryan Caplan zur, bzw. wider der ungebrochenen Fokussierung auf Wissenszertifizierung (Why the Education System Is a Waste of Time and Money¹)  und einigen OEB Sessions zur Messbarkeit von Lernen, die sich aus meiner Sicht im Kreise drehten. Stets dabei im Ohr: die im Dezember noch hallenden News um MILLA (Die radikale MILLA) – Stand heute übrigens Geschichte.

Zertifizierung und Leistungsmessung als Sackgasse

Bryan Caplan¹  sagt (ohne ihn allzu sehr reduzieren wollen): Studenten besuchen (US-) Colleges nicht um etwas zu lernen, sondern um gute Jobs zu bekommen. Die Colleges zertifizieren Intelligenz, Arbeitseinstellung und Konformität. Noten signalisieren den Arbeitgebern die Qualitäten des potentiellen Mitarbeiters. 

Tatsächliche Potentiale von EdTech werden demnach ebenso im Keim erstickt, solange sie lediglich dazu dienen, auf eine statische Wissenzertifizierung vorzubereiten. 


Frischer Rasen, lahme Pferde

Ähnlich hält es Richard David Precht in seiner Utopie für eine digitale Gesellschaft ². Auch er schildert wie das Bildungssystem  auf extrinsischer Motivation beruht: Kinder lernen für Noten. Solange dies für die Vorbereitung auf ein Berufsleben diente, hatten Kritiker einen schweren Stand. Denn die Arbeitswelt arbeitet auch für extrinsiche Belohnung: Geld. So wie die flächendeckende Erwerbsarbeit zurückgeht, verliert diese Konditionierung ihren Sinn.

Intrinsische Motivation brauchen wir für lebenslanges Lernen, für das Überbrücken von Zeiten ohne Erwerbszeit und um Neugier zu bewahren wenn viele Fragen technisch beantwortet werden.

Prechts Auseinandersetzung mit dem Thema Bildung kumuliert in seiner identifizerten Parallele von Arbeits- und Lernwelt: Beide Male glaubt man, ein halb totes Pferd weiter durchs Ziel reiten zu können: das über Erwerbsarbeit finanzierte Sozialsystem hier, das auf extrinsische Belohnung ausgerichtete Bildungssystem dort.²

 


Interessanterweise kehrt sich diese Argumentation stand heute oft zum Gegenteil. Dazu passt ein Ton-Schnippsel von der Learntec: Wie man Mitarbeiter für die digitale Transformation fit macht, stand als Frage im Raum. Die  Zukunft und Weiterbildung des Personals sei immer noch geprägt von Humboldtscher Lehre, so einer der Antworten. Wer das behauptet, fällt auf die Verheißung der Digitalisierung rein, dass diese alles einfacher mache. Eine digitale Transformation wird nicht im Widerstand gegen ein klassisches Bildungsverständnis gelingen, sondern viel mehr Dank diesem! Ähnliche Gedanken hierzu aus dem November 2017: Strg-L, Busch, Humboldt und die Digitalisierung)


Von der Illusion zur Vision

 

Wer Digitalisierung in den Wald ruft, dem schallt oft entgegen, dass diese wenige Gewinner und viel Verlierer mit sich bringe. Eigenmotivation ist der Generalschlüssel um an diesem "Verhältnis" zu drehen. Fördern wir Eigenmotivation, so fördern wir die Gestaltung der Zukunft im Sinne des Menschen und somit automatisch die Zahl der "Abgehängten".


1 The Case against Education: Why the Education System Is a Waste of Time and Money. Princeton University Press, Januar 2018.

2 Jäger, Hirten, Kritiker, Eine Utopie für die digitale Gesellschaft, München 2018.

 

Photos by Blake Cheek and Kelly Vohs on Unsplash.

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