· 

Das LMS läuft und läuft und läuft

In strategischen Köpfen scheint das gute alte Learning Management  System so gut wie keine Rolle mehr zu spielen. Längst geht es viel mehr um Ecosystems, offene Schnittstellen, persönliche Workplace-Lernumgebungen und kollaborative Umgebungen. 

 

Ein Blick in die Realität betrieblichen Lernens mutet da fast wie eine Zeitreise an. Oder wie Prince es sang: "So tonight I'm gonna party like it's nineteen ninety-nine"  


Die Benchmarking Studie des eLearning Journals (www.elearning-journal.de) hat das Thema LMS in deutschsprachigen Unternehmen genauer beleuchtet  (LMS sind nach wie vor beliebt – doch bleibt ihr Einsatz auch zukünftig stabil?) In 72,8% Prozent der befragten Unternehmen steht ein LMS, 14% stehen vor einer Anschaffung. Für 11% ist das überhaupt kein Thema. Ist man dort etwa schon schlauer?

 

88% nutzen die Systeme zur Bereitstellung von Inhalten. Klar, das ist wohl der originärer Zweck eines LMS. Aber irgendwie komisch, dass man sie dann nicht Training Management Systeme nennt – auch, weil das LMS tatsächlich in 67,7% auch für das Veranstaltungsmanagement zuständig ist.

Die ich rief, die Geister, werd' ich nun nicht los

Die Mehrheit der Besitzer eines LMS sind mit ihm unzufrieden, doch nur 8,2 Prozent wollen wechseln. 

Hohe Kosten für ein Wechsel sind hierfür sicher ein Grund. Doch sicher auch die Tatsache, dass man gar nicht weiß, gegen was man tauschen sollte, unterscheiden sich doch LMS von der Stange nur in Nuancen voneinander. Der Abhängigkeit, in der man sich gerade befindet, möchte man sich sicher auch nicht erneut in gleicher Weise aussetzen. Wahrscheinlich beschleicht die einst stolzen Besitzer auch so langsam das Gefühl, dass es das nicht gewesen sein kann, dass da jetzt ganz viel drin steckt, aber nicht richtig viel wieder rauskommt. 

Interessant wäre an dieser Stelle eine Angabe über den Zeitraum , den die Systeme im Schnitt im Einsatz sind und wie oft dann doch schon Wechsel erfolgt sind.


Kuriose Kaufentscheidungen

Doch wie sind die Unternehmen denn eigentlich zum LMS gekommen? Dazu eine fast erheiternde Zahl: 55,6% der Unternehmen trafen ihre Entscheidung für einen LMS-Anbieter in erster Linie aufgrund der Übereinstimmung mit ihrem Anforderungskatalog. Und auf welcher Basis hat das dann die andere Hälfte getan? Ein gutes Gefühl, gute Beziehungen...?

Oder im übertragenen Sinn: Wie sähe wohl ein Haus aus, dass ich zu 55,6% auf Basis meiner Anforderungen baue?


Vision oder Illusion?

Die in der Zusammenfassung der Studie aufgeführten Erfolgskriterien eines LMS (Benutzerfreundlichkeit für Lernende und einfache Administration für den Lernanbieter) sind fadenscheinig. Benutzerfreundlichkeit ist mir dazu einfach keine ausreichend LMS-spezifisches Kriterium. Administration hat wenig Einfluß auf Lernerlebnisse und Lernerfolge, an denen sich der Erfolg eines LMS eigentlich messen lassen sollte.

 

Aber genau hier liegt die Krux des LMS und der vorliegenden Studie. Wer zu digitales Bildungscontrolling  betreibt (WBT abgeschlossen =1 , WBT nicht abgeschlossen = 0 ) und damit seinen ROI berechnet sitzt einer Illusion vom Lernen auf. 

Das LMS kann sinnvoller Teil eines ganzen sein, indem es formale Bildungsaufträge unterstützt (die berühmten 10%), Inhalte vermittelt die keiner Diskussion bedürfen oder auf weitere Lernschritte vorbereitet. Ob der Lerner etwas gelernt hat, wird er sicher an anderer Stelle beweisen.


Alle Zahlen und Zitate in kursiv sind der  öffentlich zugängigen Zusammenfassung der Studie entnommen: http://www.elearning-journal.de/index.php?id=2334, letzter Aufruf am 14.7.18

 

Photos by Steinar England and Evan DennisRyoji Iwata on Unsplash.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0